Freitag, 30. Juli 2010

Artikel Zenit

"Es fühlt sich an wie Gott"
Neue Einblicke durch Tagebuch einer Lourdesreise mit Kindern
Von Michaela Koller

ROM, 29. Juli 2010 (Zenit.org).- Die Geschichten der Propheten im Alten Testament beschreiben häufig allgemein menschliche Erfahrungen mit Gott. So ergeht es den Menschen manchmal genauso, wie bereits lange vor ihnen in der Bibel niedergeschrieben, und offensichtlich auch der Autorin Marie-Sophie Lobkowicz auf einer Reise in den südfranzösischen Marienwallfahrtsort Lourdes. In ihrem Bericht „Es fühlt sich an wie Gott - Mit Kindern nach Lourdes pilgern" beschreibt sie einfühlsam die transzendentalen Erfahrungen von Begleitern eines Malteser-Wallfahrtszugs für kranke, behinderte und sonstwie beeinträchtigte Kinder, und deren kleine Schützlinge, wie auch die von Pilgern, die ihren Weg kreuzen.

Bis auf drei Wunderschilderungen aus Berichten Dritter, darunter zwei von den Ärzten in Lourdes als „medizinisch nicht erklärbar" Eingestufte, kommt alles Wirken Gottes in diesem Reisetagebuch leise daher. Leser fühlen sich gleichsam an Elija am Berg Horeb erinnert und an dessen Begegnung mit dem Allmächtigen: Der Herr war nicht im Sturm, nicht im Erdbeben und nicht im Feuer. Aber dann: „Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle (1 Kön 19,9a. 11-13a).

So lässt die Autorin Familienvater Stephan, einem der Geheilten, denen sie auf der Reise begegnet, Zeugnis ablegen: „Ich glaube, wir erleben permanent viel mehr Wunder, als wir eigentlich realisieren und sehen. Nämlich PERMANENT erlebt man Wunder - im ganz normalen Leben." Und weiter heißt es da: „Man nimmt es einfach so hin. Gott sei Dank ist das so, sonst würde man das geistig alles gar nicht aushalten."

Direkt vor den Augen Lobkowiczs ereignen sich auch unerklärliche Vorkommnisse. Anders als wundersam kann nicht bezeichnet werden, dass der kleine Kasper, der die ganze Wallfahrtswoche über Pfingsten 2009 nur Polizei spielt, zu einem der zentralen Momente des Aufenthalts, den Besuch in der Piscine, plötzlich zu sagen hat: „Weißt du, das Wasser, das fühlt sich an wie Gott!" Nicht nur die Berührung mit dem oftmals heilenden Wasser, sondern auch die liebevolle Zuwendung der Mitglieder des Betreuungsteams führt zu unerklärlicher Verwandlung.

So etwa, wenn Malteser-Kollege Titian dem behinderten Kai erstmals allein die Windeln wechselt. Der Junge neigt zu autoaggressivem Verhalten und kann nur schwer einen Punkt im Raum mit dem Blick fixieren. Die Reinigung Kais fällt Titian anfangs schwer, auch gelingt es ihm nicht, Blickkontakt zu ihm aufzunehmen. Nachdem ihm die erste selbständige Hygieneaktion doch noch mit Überwindung und Anstrengung gelungen ist, schafft es der Junge auch plötzlich noch, beim Händewaschen ruhig und gerade auf das Waschbecken zu schauen.

Die Autorin zeichnet auch mit Worten das Wechselbad der Gefühle der Teammitglieder, von innerer Anspannung bis Rührung. Die kleinen Erfolge des anstrengenden Alltags führen nicht in leere Geschäftigkeit, sondern näher zu dem, der in Lourdes gefeiert wird. Lobkowicz zitiert eine zum Geschilderten passende Predigt: „Das eigentliche Wunder vollbringt Jesus im Innern."

Der Leser blickt dank dieses Buchs aus dem Winkel der Kranken, Behinderten und Beeinträchtigten und ihrer Begleiter auf Lourdes. Marie-Sophie Lobkowicz gewährt im Stil einer Bekennerin neue Einblicke in einen der bedeutendsten Wallfahrtsorte, vor allem denen, die diesen - dank ihrer Gesundheit - so noch nicht gesehen haben. Da es auch Basiswissen kompakt und leicht vermittelt, ist das Tagebuch als Vademecum für Pilger geeignet: Die Wallfahrtssaison dauert in Lourdes noch bis Oktober an.

Auf unkomplizierte und zugleich eindringliche Weise schildert sie darin die Charaktere der Kinder, ihrer Schützlinge. Am Ende bangt der Leser gar um den kleinen Kenny, dem es während der Fahrt meist sprichwörtlich übel erging. Aber auch er war die ganze Zeit über auf wunderbare Weise vor größeren Gefahren geschützt.

Und Teammitglied Theodor, der ihn eine Woche lang umsorgte, mag es so ergangen sein, wie die Autorin im Nachwort schreibt: „Im Dienen liegt eine große Kraft, und ich kenne so manchen, der das Gefühl hat, in dieser Woche mehr bekommen als gegeben zu haben." [Marie-Sophie Lobkowicz, Es fühlt sich an wie Gott - Mit Kindern nach Lourdes pilgern. Präsenz Verlag, Hünfelden, 2010, 173 Seiten]

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